GOSSEN FOTO- UND LICHTMESSTECHNIK

Heuristik kommt aus dem griechischen und bezeichnet die Kunst, mit begrenztem Wissen und wenig Zeit dennoch zu wahrscheinlichen Aussagen oder praktikablen Lösungen zu kommen.

Bekannte Heuristiken sind zum Beispiel das Konzept von „Versuch und Irrtum (trial and error)“. Bis 1933 war dieses Vorgehen auch die einzige Möglichkeit die Belichtung in der Fotografie abzuschätzen. Denn erst in diesem Jahr wurde mit dem OMBRUX der Firma GOSSEN der erste fotoelektrische Belichtungsmesser der Welt auf Basis einer Selenzelle, vorgestellt und erschloss der Fotografie und der Kinematografie neue Wege.

Lichtsituationen konnten von da an schnell und vor allem genau eingeschätzt und zudem ganz einfach reproduziert werden. Filmmaterial war teuer und auf aufwendige Belichtungsreihen konnten endlich verzichtet werden.

Die weitere Entwicklung der Belichtungsmesser bis zum heutigen Tage, ist eng verbunden mit der bereits beim OMBRUX erwähnten, Firma Gossen.

Licht genau zu messen und einschätzen zu können ist in der fotografischen Praxis essentiell. Die Kamerahersteller begannen bereits mitte der 50iger Jahre, verstärkt die Messfunktion mehr und mehr in die Kamera zu integrieren. Der Fotograf sollte sich dabei rein auf die Bildkomposition im Sucher konzentrieren. Interessanterweise war einer der wichtigsten Zulieferer im Bereich Belichtungsmessung bei Kodak, Rollei, Minox oder Hasselblad wieder der Belichtungsmesser Pionier aus Erlangen.

Damals begann unter Amateuren bereits die bis heute andauernde Diskussion ob ein externer Belichtungsmesser noch zeitgemäß sei. Schließlich wurde es ja einfacher gute Aufnahmen zu erstellen. Trotz alle dem verwendeten anspruchsvolle Amateur- sowie Berufsfotografen und Filmer auch weiterhin Handbelichtungsmesser. Der Hauptgrund dafür war, dass die internen Lösungen, so raffiniert sie auch waren, letztendlich immer nur Kompromisse lieferten.

Besonders die Reproduktion einer bestimmten Lichtstimmung wie auch die Beurteilung unterschiedlicher Lichtquellen konnte nur unzureichend von den internen Belichtungsmessern gewährleistet werden.

Die Messgeräte der Firma Gossen erreichten in späten 60iger und frühen 70iger Jahren, dank neuer Entwicklungen in der Halbleitertechnik, mit der Cadmiumsulfid-Zellen (CDS-Zelle), neue Empfindlichkeitsstufen und trugen dann Namen wie Sixtino, Sixtomat oder Lunasix.

                                                               

Leider ist die Messcharakteristik einer CDS-Zelle verhältnismäßig träge und Blitzbelichtungsmessung war noch nicht möglich. Dies änderte sich mit dem aufkommen der neuen Generation von Siliziumfotodioden (Silicon-Blue-Cell kurz SBC-Zelle). Noch präzisere in der Messung, reagiert dieses Halbleiterbauelement erheblich schneller auf Lichtimpulse ohne dabei den Gedächtniseffekt der CDS-Zelle aufzuweisen. Auch bei dieser neuen Generation war die Mittelfranken wieder an der Spitze der Entwicklung, mit Geräte wie dem Profisix und Mastersix. Durch Vorsatzgeräte modular erweiterbar, könne diese bis heute noch beliebten Geräte schnell zu Spot-, Blitz- oder auch Farb- und Dunkelkammermessgeräte umgewandelt werden. Sogar Punktmessungen direkt auf der Mattscheibe von Grossformatkameras sind möglich.

Auch die Kamerahersteller kombinierten mittlerweile ihre immer weiter verbesserten und automatisierten Spiegelreflexkameras mit Matrix und Mehrfeldmessungssystemen und ausgeklügelten Programmautomatiken ohne jedoch den Handelichtungsmesser dabei zu Verdrängen. Für den Profi war der Belichtungsmesser auch weiterhin das wichtigste Werkzeug um seinen speziellen Stil zu kreieren.

Denn trotz aller Automatisierung steht der Kamera letztendlich nur die Objektmessung zur Verfügung. Die Kamerasoftware wertet ihre Messdaten aus und am Ende ist das Ergebnis wieder ein Kompromiss der für einfache Ansprüche ausreichend ist, jedoch ist es für den ambitionierten Amateur nicht ausreichend.

Neben der Messtechnik veränderten sich im laufe der Jahre auch die Belichtungsmesser selber. Stoßempfindliche analoge Zeigerinstrumente wurden durch die LCD Digitalanzeige bis hin zum farbigen LCD Bildschirm ersetzt. Aber auch die besonderen Erfordernisse an Belichtungsmesser in Bezug auf die Abhängikeit von Motiv-, Beleuchtungskontrast und Belichtung könnten mit speziellen Spotbelichtungsmessern von GOSSEN in einem Umfang bewältigt werden. Weit über den Möglichkeiten der Kamerainternen Messmöglichkeiten. Diese Geräte bieten einen Funktionsumfang der neben der genauen Bestimmung einzelner Bildpartiene auch die Handhabung des Zonensystems nach Ansel Adams erlaubt.

Seit dem Siegseszug der Digitalkameras mit ihren eingebauten LCD Bildschirmen ist eine große Zahl von Digital- und Filmfotografen erneut der Meinung, dass wir nun endlich im Zeitalter angekommen sind in der externe Belichtungsmesser obsolet geworden ist. Bestärkt werden sie zusätzlich durch Aussagen in unzählige Workshops und Videotutorials in den sozialen Medien in denen diese Position auch propagiert wird.

Aber ist dies wirklich so einfach?

Die gängige Praxis, speziell die kleinen LCD Bildschirme der Digitalkameras, quasi als „digitales Polaroid“ zu verwenden, ist mit besonderer Vorsicht anzuwenden. Ein Grund hierfür liegt schlicht und einfach darin, dass die visuelle Kontrolle der Belichtung auf dem, nicht in Helligkeit und Farbe kalibriertem Kameradisplay bei guter Einstellung, lediglich grobe Fehlbelichtungen anzeigt. Auch die, an dieser Stelle der Diskussion, oft angeführte Interpretation des Histogramms zeigt lediglich die Tonwertverteilung im gesamten Bild und ist daher motiv- bzw. beleuchtungsabhängig zu interpretieren. Das erfordert wiederum Übung und Erfahrung des Fotografen. Hinzu gesellt sich die Tatsache, dass in den wenigsten Fällen das zu beurteilende Motiv den gesamten Bildbereich ausfüllt, wodurch das Histogramm auch keine belastbare Aussage zur klaren Beurteilung der Lichtsetzung bzw. deren Teilbereiche liefern kann.

                                                              

Eine weitere Fraktion ist davon überzeugt man könne mit einer der wenigen Euro teuren Belichtungsmesser Apps für Smartphones leicht und preisgünstig auf eine bereits vorhandenen Plattform, dem eigenen Mobiltelefon die Belichtungsmessung lösen. Hier sollte man nicht zu viel erwarten. Die in Handys verbauten Kamerakomponentne sind nicht genormt geschweige denn kalibriert. Oftmals sind bei einem Modell sogar Bauteile mehrere unterschiedliche Zulieferer in der selben Charge im Einsatz. Auch die Zusatgeräte aus Crowdfunding Projekten die in den Kopfhöreranschluss gesteckt werden können um eine Lichtmessung durchführen zu können, haben sicher nie ein Lichtlabor gesehen und fallen daher ehr unter die Kategorie „Studentenlösung“. Mit einem Einstigspreis von Knapp 150,- bis 200,- Euro sind diese zudem auch nicht wirklich preisgünstig. Der Verkaufspreis eines umfangreich ausgestatteten Einsteigergeräts, wie zB. dem GOSSEN Digisix 2, liegt bereits bei 167,- Euro.

Vor diesem Preishintergrund sind auch die Überlegungen in Bezug auf mittlerweile 30-40 Jahre alte Gebrauchtgeräte wie zB. den berühmten GOSSEN Lunasix zu bewerten. Man sollte sich auch immer bewusst sein das diese Geräte den Stand der Technik in den 1970 er Jahren darstellen. SBC-Zellen hatten damals noch nicht die gleiche Messgenauigkeit in den unterschiedlichen Farbbereichen wie heutige Komponenten. Bis vor kurzem wurden diese Geräte noch bei GOSSEN gewartet, kalibriert und auch instandgesetzt. Der letzte Techniker der die Qualifikation für diese Arbeiten hatte ist leider vor kurzem verstorben. Ersatzteile sind teilweise noch verfügbar jedoch zeigte die Erfahrung das kurz nach der Reparatur weitere Komponenten ausfielen und die Geräte mussten kurz nach der Reparatur erneut zum Service. Daher wurde die Entscheidung gefällt diese Unterstützung weit über die ursprünglich geplante Lebensdauer der Gräte einzustellen.

Auch heute noch melden sich Kunden die Unterstützung sogar für noch ältere Geräte nachfragen. Auf der neuen Webseite des Unternehemens sind sämtliche noch verfügbaren alten Gebrauchsanweisungen als Download kostenlos erhältlich. Sogar zum GOSSEN OMBRUX von 1933.

Die Belichtung fotografischer Materialien ist durchaus anspruchsvoll und das aktuelle Sortiment von GOSSEN bietet in fast allen Preisklassen leistungsfähige und vor allem verlässliche Geräte.

Ein Belichtungsmesser ist ein wertvolles Werkzeug, wenn dieser genaue und verlässliche Messwerte liefert. Das Gerät hilft dem Fotografen die Einschätzung der Lichtverhältnisse und die Lichtsetzung immer weiter zu perfektionieren. Daher sollte man gerade bei diesem wichtigen Punkt nicht am falschen Ende sparen.

Darüber hinaus ist es äußerst erfreulich das das Unternehmen GOSSEN noch immer hochwertige Belichtungsmesser in Deutschland fertigt und sich zu seinen Wurzeln der Filmbasierten Fotografie bekennt. Mit Workshop- und Tutorialangeboten, auch im Rahmen der PhotoKlassik Akademie, möchte man sich in Zukunft auch besonders auf die Bedürfnisse junger Filmfotografen konzentrieren.

www.gossen-photo.de