Die 3D-gedruckte Laufbodenkamera

Von Edgar Kech

Eigentlich habe ich schon mehr als genug Kameras. Eigentlich bin ich auch mit meiner Intrepid 4×5 ganz zufrieden, ebenso mit meiner 100 Jahre alten 13×18 Holzkamera, sogar auch mit meiner Digitalkamera. Und eigentlich muss man sich doch seine Kamera nicht selbst bauen. Und eigentlich gibt es für den Kamerabau, speziell im Großformat, bessere Materialien als PLA aus dem 3D-Drucker…

Auf solche eigentlich-Sätze kann nur ein aber folgen, speziell in solch G.A.S.-gefährdeten Bereichen wie der Fotografie. In meinem Fall begann dieses aber mit einem persönlichen Lernprojekt, das zunächst einmal nicht direkt etwas mit der Fotografie zu tun hatte. Bei einem meiner früheren 3D-Druck-Projekte stieß ich an die Grenzen des webbasierten TinkerCAD, mit dem ich bis dato meine 3D-Druck-Teile konstruierte. Gerade „kleine“ Änderungen an komplexeren Teilen waren ab einem gewissen Punkt kaum noch sauber durchführbar.

Dementsprechend entschied ich mich, auf OpenSCAD umzusteigen. Es gleicht zwar eher einer Programmier- bzw. einer Skriptsprache, lässt aber eine parametrische Arbeitsweise zu. Irgendwelche Übungsbeispiele aus Online-Tutorials waren mir zu langweilig – ich brauche keine Vasen und keine Klorollen-Halter! Also suchte ich mir ein eigenes Thema, das mir am Ende dann auch etwas wirklich Brauchbares liefern sollte.

Im ersten Moment wäre natürlich eine Portierung meines ursprünglichen Projektes, ein 6×12-Rollfilm-Rückteil für 4×5″ Kameras, naheliegend gewesen. Am Ende hätte es mir jedoch nur eine marginal verbesserte Version meines ohnehin schon gut funktionierenden Rückteils geliefert.

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Also doch eine Kamera, Großformat 4×5″ – oder vielleicht auch größer? So entschied ich mich für das Projekt „Laufbodenkamera“, grob angelehnt an Linhof Technika, Graflex, Horseman und all die anderen Laufbodenkameras aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts, nur eben überwiegend 3D-gedruckt.

Kompakt und leicht sollte sie sein. Und der Entwurf sollte sich ohne großen Aufwand auf größere Formate wie 5×7″ oder gar 8×10″ skalieren lassen.

Da ich außerdem keine Hobbywerkstatt besitze, sollten sich zudem auch alle Teile entweder drucken oder ohne weiteres bei eBay oder im nächstbesten Baumarkt beschaffen und „am Küchentisch“ montieren lassen. Der Balgen sollte eine Ausnahme sein, diesen bestellte ich bei standardcameras.com.

In meinem Job habe ich öfters mit Skriptsprachen zu tun. Dementsprechend fiel es mir einigermassen leicht, den Einstieg in OpenSCAD zu finden. Die Grundprinzipien, sich seine Teile aus einfachen Grundelementen (Quader, Zylinder) via Addition, Subtraktion oder Intersektion zu modellieren, waren mir schon von TinkerCAD geläufig.

Die ersten Teile waren damit einigermaßen schnell modelliert und auch prototypisch gedruckt. Obwohl ich mich konzeptionell zumindest grob an den Vorbildern orientieren konnte, wollte ich zum einen keine 1:1-Kopie und zum anderen keine bloße Material-Substitution machen, zumal die bloße Material-Substitution aufgrund der anderen Materialeigenschaften ohnehin nicht überall zielführend ist.

Dementsprechend galt es z.B. für die Frontstandarte und deren Verstellung eine Möglichkeit zu finden, die einerseits stabil genug, andererseits auch platzsparend genug ist, damit die Frontstandarte dann auch noch sauber ins Gehäuse eingeklappt werden kann. Die Lösung war für mich eine Frontstandarten-Konstruktion, die sich unter Verwendung von Schwalbenschwanzführungen in sich selbst stabilisiert.

Ebenso war die typische Verriegelung und Stabilisierung des aufgeklappten Frontdeckels mit einer schlanken, selbstrastenden Strebe nicht mit einer einfachen Kopie realisierbar. Dementsprechend verwarf ich dieses Konstrukt frühzeitig zugunsten eines einfachen, schwalbenschwanzgeführten Schiebers mit integrierter Stativplatte, der Frontklappe und Gehäuse im aufgeklappten Zustand mehr als ausreichend fixiert und stabilisiert.

Für das Rückteil konnte ich schon auf meine Erfahrungen mit ein paar anderen Eigenbau-Rückteilen für diverse Großformat-Kameras zurückgreifen. Auch hier wieder nach dem Credo der sehr einfachen Bauweise mit leicht verfügbarem Material – in diesem Fall einfachem Federstahldraht.

Letztendlich war nach etwas mehr als vier Wochen das erste (noch nicht funktionsfähige) Mockup fertig, zwei Wochen später war dieses dann zum ersten Funktions-Prototypen gereift. Weitere zwei Wochen später habe ich nun eine nochmals verbesserte Version, die sich in den nächsten Wochen in der Praxis beweisen muss.

Ein wesentlicher Aspekt war schon zu Beginn, dass ich meine Konstruktion zu einem bestimmten Zeitpunkt unter einer nicht-kommerziellen Open Source Lizenz veröffentlichen wollte. Schon jetzt sind bereits die STL-Files meiner derzeitigen, hier gezeigten Version online verfügbar. Im Moment bin ich noch dabei, meine OpenSCAD-Konstruktions-Dateien für die Veröffentlichung aufzubereiten. Dies geht auch schon einher mit Vorbereitungen für die nächste Evolutionsstufe, der 5×7″ Version.

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Das Projekt auf GitHub
https://github.com/edgarkech/scalable_field_camera

Die einschlägige Facebook-Gruppe rund um 3D Druck und analoge Fotografie
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